schwul

Adjektiv (Wiewort)

Aussprache

Lautschrift (IPA):[ ʃvuːl ]

Definition bzw. Bedeutung

  • als Mann homosexuelle Neigungen besitzend

  • für (insbesondere männliche) Homosexuelle gedacht, bestimmt

  • für (männliche) Homosexuelle charakteristisch, zu Homosexuellen gehörend

  • Jugendsprache, abwertend: uncool, auf zum Beispiel nervende oder langweilende Art unpassend

  • Selten, vor allem vor den 1980ern: lesbisch.

Begriffsursprung

  • Heinz Küpper (1984) verbindet mit schwul „beklemmend heiß“ und erklärt die einschlägige Bedeutung wohl als eine „Anspielung auf die Atmosphäre in einschlägigen Lokalen.“ Er wird von Skinner als „ein Lexikograph“ nebenbei erwähnt.

  • Nach Hans Georg-Wiedemann (1982) wurde der Begriff von „schwelen“ und „schwül“ hergeleitet und wurde „unter dem Diktat der Rollenfixierung (männlich = hart, kühl; weiblich = weich, warm)“ des 19. Jahrhundert für homosexuell gebräuchlich.

  • Skinner erzählt in einem Aufsatz, dass der Sexualforscher Magnus Hirschfeld die These aufstellte, dass die Haut von Homosexuellen wärmer sei als die von Heterosexuellen. In seiner ein Jahr später veröffentlichten Dissertation führt er es nicht an.

  • Warm bedeutet aber auch „nicht heiß und nicht kalt“; Schwule könnten also (den Frauen gegenüber?) gleichgültig sein, erzählt Skinner in seinem Aufsatz. In seiner Dissertation ist dies nicht aufgenommen.

  • zu: Eine gegenüber der vermehrten Akzeptanz des Wortes schwul gegenläufige Tendenz ist in der Jugendsprache zu beobachten, in der es recht allgemein benutzt wird, um als negativ Wahrgenommenes zu beschreiben.

  • Adolf J. Storfer spekuliert 1937 auf Grund des Ausdrucks „warme Brüder“, dass „Warme“ den eigenen Geschlechtsgenossen gegenüber nicht gleichgültig („kühl“) sind, sondern also mit Männern warm werden. Er geht (wie andere) davon aus, dass es zuerst in Berlin aufgetreten sein dürfte. Storfer wird von Skinner in seiner Doktorarbeit zitiert.

  • Im 17. Jahrhundert wurde das niederdeutsche schwul für „drückend heiß“, ins Hochdeutsche übernommen und im 18. Jahrhundert, wahrscheinlich durch die Beeinflussung des Antonyms kühl in schwül umgewandelt, schwul verschwindet in dieser Form. Die unumgelautete Form wird im 19. Jahrhundert in der Berliner Mundart und im Rotwelschen in Ahnlehnung an das seit 1772 belegte warm auf homosexuell übertragen, vergleiche warmer Bruder. Den frühesten Beleg für schwul als „homosexuell“ gibt es nach Paul Derks in einer 1847 geschriebenen kriminologischen Abhandlung, „was subkulturellen Sprachgebrauch vermuten lässt.“ Zur Frage, warum die Homosexuellen mit Wärme (Schwüle) in Verbindung gebracht wurden, gibt es verschiedene Vermutungen

  • Nach Oswald Wiener (1970) ist in der Prostituiertensprache Wiens um die Jahrhundertwende der Mundartausdruck schwui zu finden. Nach ihm ergeben sich durch den Ausdruck gschwulsddich sei („geschwulstig sein“) zu schwul in der Bedeutung „geschwollen“ Hinweise auf eine mögliche andere Etymologie, vor allem in Bezug auf die Redeweise. Er wird von Skinner als wienerische und weitere Betrachtungsweise erwähnt. In den 1970er Jahren war es in Wien aber ungebräuchlich und man sprach von „warm“.

Steigerung (Komparation)

  1. schwul (Positiv)
  2. schwuler (Komparativ)
  3. am schwulsten (Superlativ)

Anderes Wort für schwul (Synonyme)

gay (ugs., engl.):
sexuelle Neigungen zum eigenen Geschlecht zeigend
uncool:
Jugendsprache: nicht gut, unpassend, nicht der Idealvorstellung entsprechend
vom anderen Ufer (fig.)
warm:
übertragen: homosexuell
von hoher Temperatur (zwischen lau und heiß)
warmer Bruder (derb, abwertend)

Sinnverwandte Wörter

enervierend
ho­mo­se­xu­ell:
sexuelle, erotische Neigung zum gleichen Geschlecht habend
lang­wei­lig:
eintönig, uninteressant
sich über eine lange Zeitspanne erstreckend
mann­männ­lich:
Bezeichnung für die Eigenschaft männlicher Homosexualität
scheiß
weichlich

Gegenteil von schwul (Antonyme)

bi­se­xu­ell:
sexuelle Neigungen zum eigenen als auch zu einem anderen Geschlecht habend
sowohl männliche als auch weibliche biologische Geschlechtermerkmale besitzend
cool:
salopp: sich einer ruhigen, beherrschten Aktion oder Art entsprechend verhaltend
sehr positiv, gut, der Idealvorstellung entsprechend (vor allem im jugendlichen Sprachgebrauch)
geil:
fett, (zu) stark gedüngt
ganz hervorragend
he­te­ro­se­xu­ell:
ausschließlich sexuelle Neigung zum anderen Geschlecht habend
les­bisch:
als Frau homosexuelle Neigungen besitzend, solche Neigungen betreffend
von der Insel Lesbos

Beispielsätze

  • Kasimir konnte seine schwulen Empfindungen nicht länger ignorieren.

  • Er heult bei jedem Scheiß los. Er ist richtig schwul.

  • Unser Verlag hat sich einen Namen mit schwulen Zeitschriften gemacht.

  • Du hast ja heute wieder schwule Klamotten an.

  • Frank und Tom sind schwul.

  • Ich weiß schon lange, dass du schwul bist.

  • Seine Verlobte weiß nicht, dass er schwul ist.

  • Ich identifiziere mich als schwul.

  • Dieser Mix ist schwul.

  • Sein Kollege weiß nicht, dass er schwul ist.

  • Wir sind nicht schwul.

  • Ich liebe ihn, aber er ist schwul.

  • Seine Mutter weiß nicht, dass er schwul ist.

  • Ich habe nur nachher erfahren, dass er schwul war.

  • Ich habe nur nachher erfahren, dass er schwul ist.

  • Sami hat einen schwulen Sohn.

  • Ich bin nicht schwul!

  • Ist Gott schwul?

  • Es ist nichts dabei, schwul zu sein.

  • Dieser Hund ist schwul.

Praktische Beispiele aus der Medienlandschaft

  • Außerdem erklärte sie: "Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende" ().

  • Als schwule Winzer hätten sie im Dorf einst "einige Irritationen hervorgerufen".

  • Als Begründung habe der Angreifer angegeben, Balsigers Bekannter sehe «zu schwul» aus.

  • Am nächsten Morgen sei ihm klar geworden: «Ich glaube, ich bin auch schwul», sagt er und lacht.

  • Am Hirschenplatz wurde am letzten Wochenende ein schwules Pärchen von einer Gruppe junger Männer zusammengeschlagen.

  • Auch ihr Chef sei schwul.

  • Abgrenzungsbedürfnis und Intensitätssucht, Abstoßung und Verlangen, schwules Begehren und Selbstverleugnungsimpulse: alles zu viel.

  • Auch er lebt offen schwul.

  • Als schwuler Mann hört man Dinge wie: "Deine Wohnung ist so liebevoll eingerichtet!"

  • Dann musste er 2008 zum Militär. Er hatte viel darüber gehört, wie schwule Männer in dem hierarchischen System behandelt werden.

  • Aber heute gibt es schwule Schauspieler, Models, Politiker.

  • Meinen Sie, islamisch geprägte Piraten haben Lust, ein Schiff zu entern, das voller schwuler Matrosen ist?

  • Aber hier geht es darum, ob man bei MTV schwul sein kann", sagte einer der Chefs.

  • Ihm solle mal einer einen offen schwulen Dax-Vorstand zeigen.

  • Dann ist es eben mein schwules iPhone.

Wortbildungen

Übersetzungen

Was reimt sich auf schwul?

Wortaufbau

Das Isogramm schwul be­steht aus sechs Buch­sta­ben und setzt sich wie folgt zu­sammen: 1 × C, 1 × H, 1 × L, 1 × S, 1 × U & 1 × W

  • Vokale: 1 × U
  • Konsonanten: 1 × C, 1 × H, 1 × L, 1 × S, 1 × W

Das Alphagramm von schwul lautet: CHLSUW

Buchstabiertafel

Entsprechend der deut­schen Buch­sta­bier­ta­fel für Wirt­schaft und Ver­wal­tung (DIN 5009:​2022-06) wird das Adjektiv fol­gen­der­maßen buch­sta­biert:

  1. Salz­wedel
  2. Chem­nitz
  3. Ham­burg
  4. Wupper­tal
  5. Unna
  6. Leip­zig

In Deutschland ebenfalls ge­läufig ist die Buch­sta­bie­rung nach dem pos­ta­li­schen Buch­sta­bier­al­pha­bet von 1950:

  1. Samuel
  2. Cäsar
  3. Hein­reich
  4. Wil­helm
  5. Ulrich
  6. Lud­wig

International ist das eng­lischs­spra­chige ICAO-Alpha­bet (kein „ẞ“ und keine Umlaute) an­er­kannt:

  1. Sierra
  2. Char­lie
  3. Hotel
  4. Whis­key
  5. Uni­form
  6. Lima

Heute vorwiegend nur noch als Funk­feuer in der Luft- und Schiff­fahrt ge­bräuch­lich ist der Mor­se­code (auch Mor­se­al­pha­bet oder Mor­se­zei­chen genannt):

  1. ▄ ▄ ▄
  2. ▄▄▄▄ ▄ ▄▄▄▄ ▄
  3. ▄ ▄ ▄ ▄
  4. ▄ ▄▄▄▄ ▄▄▄▄
  5. ▄ ▄ ▄▄▄▄
  6. ▄ ▄▄▄▄ ▄ ▄

Scrabble

Beim Scrabble gibt es 13 Punkte für das Wort.

schwul

Bitte je­doch stets das offi­zielle Scrabble-Regel­werk (z. B. zu Vor- und Nach­silben) beachten!

Worthäufigkeit

Das Wie­wort schwul kam im letz­ten Jahr regel­mäßig in deutsch­spra­chi­gen Tex­ten vor. Die Wort­häu­fig­keit ist un­ge­fähr gleich­blei­bend. Dies hat eine Aus­wer­tung meh­re­rer Mil­lio­nen Bei­spiel­sätze ergeben.

Vorkommnisse im Sprachwörterbuch

les­bi­schwul:
lesbisch, schwul und/oder bisexuell
Schwu­ler:
kann abwertend sein: Homosexueller; jemand, der schwul ist
stock­schwul:
offensichtlich schwul, seine Homosexualität stark nach Außen zeigend

Buchtitel

  • Die schwule Seele Peter Fässlacher | ISBN: 978-3-90342-220-9
  • Ich bin schwul. Ich bin süchtig. Ich bin ein Genie. Truman Capote | ISBN: 978-3-03695-961-0
  • Mein schwuler Friseur Oliver Kuhn, Daniel Wiechmann | ISBN: 978-3-86883-874-9
  • Warum ich mich nicht als schwul bezeichne Daniel C. Mattson | ISBN: 978-3-94793-117-0

Film- & Serientitel

  • David – das schwule Magazin (Dokuserie, 1996)
  • Der schwule Neger Nobi (Doku, 2010)
  • Ein schwuler Schornsteinfeger (Kurzdoku, 2012)
  • Glückskind: Der schwule Filmemacher Rosa von Praunheim ist 80 (Doku, 2022)
  • Ich bin nicht krank! Ich bin schwul. (Doku, 2015)
  • Männer, Helden, schwule Nazis (Doku, 2005)
  • Mein schwules Kaninchen (Kurzfilm, 1999)
  • Queercore: Die schwule Seite des Punk (Doku, 2016)
  • Schrill, schräg und schwul (Minidoku, 1991)
  • Somewhere over the Rainbow – Die schwule Bewegung und ihre Hymnen (Doku, 2014)
  • Stolz und schwul (Doku, 1991)
Quellen:
  1. [Allgemeine Datenbasis] Wiktionary-Autoren: schwul. In: Wiktionary – Das freie Wörterbuch, 2023, [online] de.wiktionary.org, CC BY-SA 3.0
  2. [Thesaurus] OpenThesaurus-User: schwul. In: OpenThesaurus – Das freie Wörterbuch für Synonyme, 2024, [online] openthesaurus.de, CC BY-SA 4.0
  3. [erweiterte Beispielsätze] User-generated content: Satz-Nr. 12091562, 11983225, 11883237, 11861180, 11839254, 10583284, 10460776, 10289925, 10076706, 10076702, 9287128, 8878048, 8774501, 8388367 & 8108382. In: tatoeba.org, CC BY 2.0 FR
  4. [Newskorpus] D. Goldhahn, T. Eckart & U. Quasthoff: Building Large Monolingual Dictionaries at the Leipzig Corpora Collection: From 100 to 200 Languages. In: Proceedings of the 8th International Language Resources and Evaluation (LREC'12), 2012, CC BY 4.0
  5. [Filme & Serien] Vgl. Internet Movie Database (IMDb), imdb.com
  1. Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch
  2. queer.de, 30.06.2023
  3. queer.de, 01.03.2022
  4. landbote.ch, 16.09.2021
  5. badenertagblatt.ch, 08.12.2020
  6. nzz.ch, 16.09.2019
  7. morgenpost.de, 25.10.2018
  8. freitag.de, 17.03.2017
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  13. taz.de, 10.01.2012
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  22. sueddeutsche.de, 07.01.2003
  23. sueddeutsche.de, 09.11.2002
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  25. literaturkritik.de 2000
  26. Die Zeit (11/1998)
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  29. Berliner Zeitung 1995