bieder

Adjektiv (Wiewort)

Aussprache

Lautschrift (IPA):[ ˈbiːdɐ ]

Silbentrennung

bieder

Definition bzw. Bedeutung

  • anständig, ehrlich, ehrbar, moralisch integer

  • eine Lebenseinstellung wie in der Bedeutung ausdrückend

  • sich engstirnig an gesellschaftliche Regeln haltend, sehr darauf bedacht, als anständig zu gelten und nicht unangenehm aufzufallen, dabei vielleicht auch zu einfältig, zu naiv, treuherzig

Begriffsursprung

Mittelhochdeutsch: biderbe, althochdeutsch: pidarpi, piderpi, biderbi, verwandt mit Bedarf und bedürfen, also „(ein Mensch,) wie man ihn braucht“ (daher noch „sich anbiedern“), noch bis ins 19. Jahrhundert erscheint (altertümelnd) biderb.

Steigerung (Komparation)

  1. bieder (Positiv)
  2. biederer (Komparativ)
  3. am biedersten (Superlativ)

Anderes Wort für bie­der (Synonyme)

brav und bieder
hausbacken:
übertragen, meist abwertend: langweilig und brav, ohne das gewisse Etwas, ohne Reiz
veraltend: für den eigenen Verbrauch zu Hause gebacken
reizlos:
ohne Anziehungskraft, ohne Reiz
schlicht:
einfach gehalten, nicht sehr aufwändig gestaltet
borniert:
stur von sich, seiner Meinung und Position überzeugt und alle anderen Standpunkte ignorierend
bourgeois (geh.):
zur Bourgeoisie gehörend, die Bourgeoisie betreffend
engstirnig:
gehoben: in seiner Auffassung mit einem sehr kleinen (engen) Gesichtswinkel geschlagen
kleinbürgerlich:
abwertend: spießig
das Kleinbürgertum betreffend, zu ihm gehörend
philisterhaft
philiströs (geh., bildungssprachlich):
von beschränkter, engstirniger Denkart
piefig:
Nord- und Ostdeutschland, altmodisch, verzopft, steif oder spießig
Rheinland, Westfalen, schlechter Laune, missmutig, stänkernd, unfreundlich, beleidigt
provinziell
spießbürgerlich:
auf Spießbürger bezogen, nach Art von Spießbürgern
spießerhaft
spießig (Hauptform):
abwertend: in der Art eines Spießbürgers

Weitere mögliche Alternativen für bie­der

anständig:
den Benimmregeln entsprechend
im Einklang mit der (eher prüden) Sexualmoral
brav:
Biederkeit äußernd
Gehorsam zeigend
ehrbar:
gehoben: Anerkennung und Wertschätzung verdienend
ehrlich:
Charaktereigenschaft: anständig und fair, nie lügend; redlich
der Wahrheit und Wirklichkeit entsprechend, nicht gelogen oder vorgetäuscht; wahr
integer:
moralisch einwandfrei
unberührt, unversehrt
kleinkariert:
mit kleinen Karos gemustert
konservativ:
allgemein: althergebracht, herkömmlich, wie bisher üblich, auf alte Werte besinnend
Annahme im Ingenieurwesen: auf der sicheren Seite liegend
kreuzbrav:
überaus rechtschaffen, redlich, untadelig, bieder
rechtschaffen:
veraltend: anständig, ehrlich
redlich:
sehr groß
sehr, tüchtig, ordentlich
treudoof:
naiv hilfsbereit oder diensteifrig, ohne zu merken, dass man ausgenutzt wird
unbescholten:
aufgrund eines untadligen Verhaltens mit gutem Ruf, frei von öffentlichem Tadel
wacker:
ehrbar, von gutem Charakter
tüchtig und mutig, Einsatz zeigend
wohlanständig:
den von „Gutbürgern“ vertretenen Auffassungen, Ansichten von Anstand entsprechend, gemäß der gutbürgerlichen Etikette

Gegenteil von bie­der (Antonyme)

ei­gen­wil­lig:
von eigenen Ideen erfüllt (die auch ungewöhnlich und befremdlich sein können); auf eigenen Ideen bestehend
ex­zen­t­risch:
außerhalb des Zentrums; nicht zentrisch
deutlich von den gesellschaftlichen Normen abweichend, oft euphemistisch für "merkwürdig" oder "abnormal"
flip­pig:
sprunghaft
frech:
ältere Literatursprache: respektlos mit dem Beigeschmack von Verruchtheit
die Normen und Höflichkeit missachtend, Respekt vermissen lassend
ge­mein:
dem anderen übelwollend, fies, schofel
eine Eigenschaft habend, die mehreren gemeinsam ist
gewagt
keck:
auf eine angenehme, ansprechende Art und Weise frech, respektlos oder vorlaut
kess:
mittelostdeutsch
kor­rupt:
bestechlich oder käuflich, damit auch: moralisch verdorben
mit Fehlern behaftet
nie­der­träch­tig:
auf bewusste Weise böse, hinterlistig, boshaft
ruch­los:
ohne Skrupel, niederträchtig
schräg:
mit geringem zeitlichen Abstand von etwas
prüfend; missbilligend
schrill:
in Aussehen oder Verhalten auffallend, exzentrisch, ungewöhnlich
optisch oder akustisch hell, grell, durchdringend; unangenehm für Auge oder Ohr
skur­ril:
auffallend und unkonventionell, seltsam
un­kon­ven­ti­o­nell:
auf unübliche Weise, vom Gewöhnlichen abweichend
ohne ein förmliches Verhalten
ver­derbt:
nicht mehr lesbar
veraltend: moralisch verkommen
ver­dor­ben:
als Essen schlecht geworden, als Lebensmittel nicht mehr zum Verzehr geeignet
schlechte Gedanken habend (besonders sexueller Art)
ver­kom­men:
schlecht werden
sein Niveau zum Schlechteren hin verlieren
ver­lo­gen:
über eine Sache, einen Umstand: Unwahres vortäuschend, unecht
über einen Menschen: öfter lügend
ver­rucht:
von schlechtem Ruf
ver­schla­gen:
auf geschickte und verdeckte Art und Weise eigennützig
geringfügig angewärmt, bei Wasser zum Beispiel weniger als handwarm, sogar weniger als lauwarm

Beispielsätze

  • Wenn es um den Hund geht, werden biedere Bürger zu Schlägern.

  • So eine Frisur hätte ich ihr gar nicht zugetraut, sie sah doch sonst immer so bieder aus!

  • Ihr aufregend modischer Schmuck stand in auffälligem Kontrast zu ihrem mausgrauen, bieder geschnittenen Kostüm.

Praktische Beispiele aus der Medienlandschaft

  • Das reichte gegen biedere Vorarlberger zum Sieg, nicht aber dazu weiter Selbstvertrauen zu tanken.

  • Der HSC war spielerisch eine Klasse besser als die biederen Gäste, die teilweise auf engstem Raum vorgeführt wurden.

  • Das endete meist mit einem massentauglichen, aber auch unglaublich biederen Design – das mich lange abgeschreckt hat.

  • Der bieder auftretende Bankchef Martin Zielke hat die Zukunft der Commerzbank verzockt.

  • Der Discounter stülpte ziemlich bieder aussehenden Models mit Wandergitarre T-Shirts mit aufgedruckten Bandnamen wie „ACDC“ und „Kiss“ über.

  • Also, ich bin für so etwas zu bieder.

  • Das wurde viel zu konsequent umgesetzt, gegen sehr biedere Kameruner fehlten eine Halbzeit lang die Dynamik und jeglicher Offensivgeist.

  • Aber schlimmer als biedere Deutsche sind pseudobrasilianische allemal.

  • Anstelle einer biederen Suche nach dem Täter mussten grundlegendere Fragen geklärt werden: Wer bin ich - und wenn ja wie viele?

  • Die häufig biedere Wirkung eines Perlencolliers versuchten die Designer zu entstauben.

  • 337 Mal führte Robert Lembke durch die Sendung "Was bin ich?", aber war weit mehr als der Moderator einer biederen Rateshow.

  • Doch die fanden das Design zu bieder, die Preise zu hoch.

  • Bei einer Expedition in die ebenso biedere wie flache Ostsee sind der Organisation beeindruckende Aufnahmen gelungen.

  • Für die biederen Slowaken sieht es dagegen traurig aus.

  • Alternative zum Sparstrumpf: Bundesschatzbriefe gelten als ebenso sicher wie bieder.

  • Da ist zunächst einmal der überaus biedere Bundesinnenminister Dr. F. Zimmermann.

  • Was muss geschehen, damit die biedere Edeka-Verkäuferin Anita bewaffnet am Zaun der Separatisten Nachtpatrouille schieben will?

  • Der biedere Pfälzer ächzte hinterher: "Ich bin froh, dass ich mit dem Leben davon gekommen bin!"

  • Aber optisch hat er nichts mit den biederen Dienst-Limousinen gemein.

  • Er ist der glitzernde Gegenentwurf zur biederen Schweizer Fußball-Kultur, eine Art Staat im Staat.

Wortbildungen

Übersetzungen

  • Englisch:
    • honest
    • respectable
    • upright
    • trustworthy
    • bourgeois
    • petit bourgeois
    • petty bourgeois
    • narrow-minded
    • hypocritical
    • puritanical
    • conservative
    • drab
    • stodgy
    • stale
    • conventional
    • prude
  • Französisch: honnête
  • Italienisch:
    • semplice
    • probo
  • Niedersorbisch: něgajšny
  • Norwegisch: rettskaffen
  • Russisch: честно
  • Schwedisch:
    • ärlig, rättskaffens
    • proper
    • respektabel
  • Spanisch: íntegro
  • Tschechisch:
    • čestný
    • počestný
    • slušný
    • úzkoprsý (úzkoprsý (úzkoprse dodržující společenské normy a morálku ze strachu "co by tomu řekli druzí"))

Was reimt sich auf bie­der?

Wortaufbau

Das zweisilbige Adjektiv bie­der be­steht aus sechs Buch­sta­ben und setzt sich wie folgt zu­sammen: 2 × E, 1 × B, 1 × D, 1 × I & 1 × R

  • Vokale: 2 × E, 1 × I
  • Konsonanten: 1 × B, 1 × D, 1 × R

Eine Worttrennung ist nach dem ers­ten E mög­lich.

Das Alphagramm von bie­der lautet: BDEEIR

Buchstabiertafel

Entsprechend der deut­schen Buch­sta­bier­ta­fel für Wirt­schaft und Ver­wal­tung (DIN 5009:​2022-06) wird das Wort fol­gen­der­maßen buch­sta­biert:

  1. Ber­lin
  2. Ingel­heim
  3. Essen
  4. Düssel­dorf
  5. Essen
  6. Ros­tock

In Deutschland ebenfalls ge­läufig ist die Buch­sta­bie­rung nach dem pos­ta­li­schen Buch­sta­bier­al­pha­bet von 1950:

  1. Berta
  2. Ida
  3. Emil
  4. Dora
  5. Emil
  6. Richard

International ist das eng­lischs­spra­chige ICAO-Alpha­bet (kein „ẞ“ und keine Umlaute) an­er­kannt:

  1. Bravo
  2. India
  3. Echo
  4. Delta
  5. Echo
  6. Romeo

Heute vorwiegend nur noch als Funk­feuer in der Luft- und Schiff­fahrt ge­bräuch­lich ist der Mor­se­code (auch Mor­se­al­pha­bet oder Mor­se­zei­chen genannt):

  1. ▄▄▄▄ ▄ ▄ ▄
  2. ▄ ▄
  3. ▄▄▄▄ ▄ ▄
  4. ▄ ▄▄▄▄ ▄

Scrabble

Beim Scrabble gibt es 8 Punkte für das Wort.

bieder

Bitte je­doch stets das offi­zielle Scrabble-Regel­werk (z. B. zu Vor- und Nach­silben) beachten!

Worthäufigkeit

Das Wie­wort bie­der kam im letz­ten Jahr sel­ten in deutsch­spra­chi­gen Tex­ten vor. Die Wort­häu­fig­keit ist un­ge­fähr gleich­blei­bend. Dies hat eine Aus­wer­tung meh­re­rer Mil­lio­nen Bei­spiel­sätze ergeben.

Vorkommnisse im Sprachwörterbuch

Bie­der­keit:
die Eigenschaft, bieder zu sein
Bie­der­mann:
veraltend, ironisch: jemand, der bieder, brav, oft übertrieben anständig und loyal, spießig ist, eine Bezeichnung für einen Menschen, der sich selbst als viel ansieht, diesen Ansprüchen aber im Grunde nicht genügt, jemand, der eine Doppelmoral lebt
Bünz­li:
Person, deren Denken und Verhalten als bieder, engstirnig, kleinkariert angesehen wird
fromm:
veraltend: gut, gerecht, bieder
kreuz­an­stän­dig:
überaus rechtschaffen, redlich, untadelig, bieder
Quellen:
  1. [Allgemeine Datenbasis] Wiktionary-Autoren: bieder. In: Wiktionary – Das freie Wörterbuch, 2023, [online] de.wiktionary.org, CC BY-SA 3.0
  2. [Thesaurus] OpenThesaurus-User: bieder. In: OpenThesaurus – Das freie Wörterbuch für Synonyme, 2024, [online] openthesaurus.de, CC BY-SA 4.0
  3. [erweiterte Beispielsätze] User-generated content: Satz-Nr. 1400010. In: tatoeba.org, CC BY 2.0 FR
  4. [Newskorpus] D. Goldhahn, T. Eckart & U. Quasthoff: Building Large Monolingual Dictionaries at the Leipzig Corpora Collection: From 100 to 200 Languages. In: Proceedings of the 8th International Language Resources and Evaluation (LREC'12), 2012, CC BY 4.0
  1. noen.at, 04.11.2023
  2. op-online.de, 16.05.2022
  3. handelsblatt.com, 03.03.2021
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  5. welt.de, 07.09.2019
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  21. archiv.tagesspiegel.de, 10.09.2003
  22. tagesspiegel.de, 09.03.2002
  23. Die Zeit (21/2001)
  24. DIE WELT 2000
  25. Berliner Zeitung 1998
  26. Berliner Zeitung 1997
  27. Die Zeit 1996
  28. Süddeutsche Zeitung 1995